„Holt euch euer Stück vom Kuchen!“

Akademiegespräch zum Equal Pay Day 2020 mit Professorin Hildegard Macha

„Geschlechtergrenzen zwischen Männern und Frauen liegen heute nicht mehr im Bildungssystem, sondern die Probleme liegen im Arbeitsmarkt und in der ungleichen Bewertung der Arbeit“, unterstrich die Gleichstellungsforscherin Professorin Hildegard Macha zu Beginn eines Akademiegesprächs mit Studienleiterin Dr. Kathrin S. Kürzinger.

Von Frauen werde in Deutschland – im Unterschied z.B. zu Schweden – Kindererziehung und Pflege älterer Angehöriger als nicht-honorierte Zuarbeiten erwartet. Oftmals falle der Karriereknick bei Frauen mit der Geburt des ersten Kindes zusammen. Frauen träfen dann auf strukturelle Barrieren, wenn sie wieder in Vollzeit arbeiten möchten und würden aufgrund dessen häufig zu Teilzeit gezwungen. „70 Prozent der Mütter arbeiten in Teilzeit, das ist einzigartig in Europa“, so Professorin Macha. Diese „Teilzeitfalle“ bedeute weniger Gehalt, weniger Karriere, weniger Rente. Frauen erhalten im Durchschnitt lediglich 46% Prozent der durchschnittlichen Männerrente, Altersarmut ist eindeutig weiblich.

Es sind breite gesellschaftliche Veränderungen für gleiche berufliche Chancen von Frauen notwendig
Vom öffentlichen Dienst erwartet man eine Vorbildfunktion bei der Frauenförderung. Doch diese Erwartung wird nicht eingelöst, so die Gründerin des Gleichstellungszentrums an der Universität Augsburg: Auch im öffentlichen Dienst gibt es deutliche Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen und das sogar innerhalb derselben Berufsgruppe. In den Unternehmen sind Frauen in Führungspositionen mit einer Quote von nur 10% deutlich unterrepräsentiert. Eine Ausnahme bilden lediglich die DAX-Unternehmen, für die eine Frauenquote gesetzlich festgelegt ist: „Die Geschlechterquote allein kann keinen Kulturwandel mit sich bringen. Es sind breite gesellschaftliche Veränderungen notwendig, um den Gender Pay Gap, die geschlechtsspezifische Lohnlücke, zu verringern.“

Lösungen sind möglich, wie z.B. lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle
„Frauen müssen ermutigt werden für Gleichstellung im Arbeitsmarkt zu kämpfen“, so Professorin Macha. Lösungsansätze seien z.B. lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle, mehr Transparenz in der Lohnstruktur oder ein allgemeines Quotengesetz für Frauen und Männer in Führungspositionen.

Das Akademiegespräch zum Equal Pay Day: eine gemeinsame Initiative von Evangelischer Frauenhilfe und Evangelischer Akademie
Das Gespräch haben Studienleiterin Dr. Kathrin S. Kürzinger, Evangelische Akademie im Rheinland, und Professorin Dr. Hildegard Macha anlässlich des Equal Pay Day 2020 geführt. Es beruht auf einer Initiative von Ulrike Brzóska, Weiterbildungseinrichtung der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland, und Dr. Kathrin S. Kürzinger, die ursprünglich eine gemeinsame Veranstaltung zum Equal Pay Day mit Professorin Macha für Frauen aus der Bonner Region geplant hatten. Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern, haben die Veranstalterinnen entschieden, stattdessen am Equal Pay Day ein Akademiegespräch mit Professorin Macha als Livestream und Video anzubieten.

Equal Pay Day: internationaler Aktionstag für mehr Lohngerechtigkeit
Der Equal Pay Day macht als internationaler Aktionstag auf die immer noch bestehende geschlechtsspezifische Lohnlücke zwischen Männern und Frauen aufmerksam und tritt ein für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen. Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern beträgt nach den aktuell vom Statistischen Bundesamt errechneten Bruttostundenlöhnen  21 Prozent oder umgerechnet 77 Tage, die Frauen 2020 umsonst arbeiten. Der 17. März 2020 markiert den Tag, an dem diese Zeitspanne endet.

Zur Person von Professorin em. Dr. Hildegard Macha:
Professorin em. Dr. Hildegard Macha ist Gründerin und Direktorin des Gender Zentrums Augsburg, Dozentin im Mentoring-Programm der Universität und Initiatorin zahlreicher Genderprojekte. Sie hat Interventionsprojekte mit Gender und Diversity in 40 Unternehmen und an 30 Universitäten, Kirchen, Parteien u.a. initiiert und ist Mitautorin einer Studie zu den Spezifika weiblichen Unternehmertums.

Aktueller Gastkommentar von Professorin Macha ist online
In einem aktuellen Gastkommentar auf der Website www.kirche-arbeit-wirtschaft.de  plädiert Professorin Macha für Gleichheit und Teilhabe. Frauen träfen auf viele Hindernisse im Berufsleben, wenn es um Karriere und gleiche Bezahlung geht, analysiert sie in ihrem Beitrag. Die Gründerin des Gender-Zentrums Augsburg erläutert zudem Lösungsansätze und Initiativen aus Wissenschaft und Politik.